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Sharenting nennt man die Vorgehensweise, wenn Eltern private Fotos und Videos ihrer Kinder ins Netz stellen.
Du teilst gerne Fotos und Videos deines Kindes oder deiner Familie in sozialen Netzwerken oder Chatgruppen? Hier sind ein paar Fragen, die du dir stellen solltest. Und ein paar Infos, wo deine Fotos landen können.
Darf ich Kinderfotos im Netz teilen?
Grundsätzlich ja, solange du keine Persönlichkeitsrechte oder die Privatsphäre deines Kindes verletzt. Jeder Mensch, egal in welchem Alter, hat ein „Recht am eigenen Bild“ und das Recht auf „Schutz von berechtigten Interessen“.
Was sind „berechtigte Interessen“?
Du darfst niemanden bloßstellen, entwürdigen, herabsetzen, keine Werbung ohne Zustimmung der Person machen, keine missverständlichen oder negativen Darstellungen verbreiten oder die Privatsphäre verletzen.
In welchem Gesetz steht das?
Gesetzestexte, die den Umgang mit Video- und Bildmaterial im Internet betreffen, findest du im Urheberrecht, in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und im Mediengesetz.
Wo landen die Bilder?
Wer kann das Bild sehen? Wie viele Personen sind in der Gruppe? Möchtest du mit jeder Person der Gruppe das Bild teilen? Teilen die Personen in der Gruppe deine Grundhaltung zum Thema persönliche Bilder?
ACHTUNG I: Bilder von Kindern und Jugendlichen, die in öffentlichen Instagram- oder Facebook-Profilen geteilt werden, können von Pädophilen gespeichert und weiterverbreitet werden. Das betrifft nicht nur Nacktaufnahmen oder Aufnahmen, auf denen zum Teil auch nackte Haut zu sehen ist. Von Behörden, die Kinderporno-Ringe aufdecken weiß man, dass auch „ganz normales“ Bildmaterial aus der Freizeit gehandelt wird: Bilder vom Sportverein, vom Familienurlaub oder aus dem Alltag zuhause.
ACHTUNG II: Frei verfügbares Bildmaterial, das von Eltern (oder Jugendlichen selbst) online geteilt wird, wird in sozialen Netzwerken geteilt und zur Bewerbung von pornografischen Inhalten verwendet. Beliebte Fundorte sind
z. B. Hashtags, mit denen junge Mädchen ihre Mode- oder Beauty-Postings versehen (die Netzwerke sperren und filtern das zum Teil, das funktioniert aber nur teilweise).
Was passiert mit den Bildern oder Videos?
Kann man das Bild oder Video speichern, herunterladen oder einen Screenshot machen? Wer kann das Bildmaterial weiterleiten? Haben fremde Erwachsene Zugriff auf das Bildmaterial?
Wie viele Kopien werden angefertigt?
Wenn jemand neben dir sitzt, und du ein Foto herzeigst, dann bleibt das Bild physisch bei dir.
Sobald du eine Bilddatei teilst, verschickst oder postest, wird eine Kopie angefertigt. Jeder Dienst speichert eine Kopie auf einem Server, wo der steht, wissen wir meisten nicht. Und jede Person, die das Foto oder Video erhält, erstellt dadurch eine Kopie auf dem eigenen Gerät. Auch durch Downloads oder Screenshots können Kopien erstellt werden.
Welches Motiv teilst du?
Was ist auf dem Bild oder in dem Video zu sehen? Handelt es sich um eine Aufnahme, die deinem Kind später peinlich oder unangenehm sein könnte? Würdest du das gleiche Motiv von dir selbst posten? Ist dein Kind nackt, wütend, schmutzig oder in irgendeiner anderen Form entwürdigend dargestellt?
Was ist auf dem Bild im Hintergrund zu sehen? Euer Wohnort? Das Kinderzimmer? Wie viel private Information ist „im Bild versteckt“?
Kann das Bild oder Video deinem Kind später schaden?
Das Internet vergisst nicht. Spulen wir ein paar Jahre vor:
Können Schulkolleg:innen das Bild sehen? Bekommen zukünftige Ausbilder:innen, Arbeitgeber:innen oder Arbeitskolleg:innen das Bild zu sehen, wenn sie nach Informationen über dein Kind suchen?
Wie häufig fotografierst oder filmst du dein Kind?
Häufiges Fotografieren und Filmen im Alltag führt dazu, dass wir ständig „performen“. Das bedeutet: lächeln, posen, gut aussehen, etwas bemerkenswertes tun, verfügbar sein. Alles wird dokumentiert.
Was das mit Kindern, ihrer Selbstwahrnehmung, dem Bild von sich und dem eigenen Körper macht, wissen wir noch nicht. Aber dass sich etwas ändert, sehen wir schon.
Kinder lernen früh, zu posieren.
Wir unterbrechen den Augenblick, um ihn festzuhalten. Statt ihn gemeinsam zu genießen.
Alles wird wichtig. Wichtig genug, um es zu dokumentieren. Das Smartphone gibt den Takt vor, alles andere muss warten.
Nutzt du Einstellungen für Privatsphäre?
Schränkst du deinen WhatsApp-Status auf eine kleine Personengruppe (z. B. enge Freund:innen, Familie) ein, wenn du Familienfotos im Status postest? Ist dein Insta-Account „privat“ und kennst du alle Menschen, die dir folgen? Bearbeitest du die Einstellungen zum Teilen, bevor du ein Bild auf Facebook postest?
Empfehlung: teil keine privaten Fotos im Netz
Ich empfehle dir, mit Kinderfotos und privaten Familienfotos online sehr vorsichtig umzugehen. In Netzwerken wie Facebook, Instagram und WhatsApp befindest du dich rechtlich außerhalb der EU, dort gilt keine Datenschutzgrundverordnung.
Was einmal im Internet ist, bleibt dort mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für immer.
Wenn dein Kind / deine Kinder noch sehr klein sind, überleg dir gut, was du Menschen außerhalb deiner Familie oder engen Freund:innen teilst. Wenn dein Kind schon älter ist, besprich das Thema, frag um Erlaubnis, bevor du etwas teilst oder postest. Besprecht Themen wie Privatsphäre, peinliche Bilder, die Würde eines Menschen, was man wo über sich preisgibt und was die Folgen sein können.
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